Vernichtung urheberrechtlich geschützter Werke ...

BGH: Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks stellt eine „andere Beeinträchtigung“ i.S.d. § 14 UrhG dar.

 

Bei öffentlichen Umbaumaßnahmen an Gebäuden oder Ersatzbaumaßnahmen stellen sich häufig unerkannte oder stiefmütterlich behandelte urheberrechtliche Probleme.

 

Viele öffentliche Bauwerke sind wegen ihrer architektonischen Gestaltungshöhe urheberrechtlich geschützt. Soweit das Gebäude selbst nicht geschützt ist, kommt es aber in Betracht, dass dies für in das Gebäude eingebrachte oder untrennbar mit dem Gebäude verbundene Kunstwerke gilt.

 

Bei Umbaumaßnahmen oder Abrissen dieser Gebäude kann deshalb zugunsten des Schöpfers des Werkes ein Anspruch gem. § 97 Abs. 1 i.V.m. § 14 UrhG bestehen. Dieser ist ggf. auch nach Beginn der Bauarbeiten durchsetzbar, ggf. auch im Wege einer einstweiligen Verfügung, die dazu führen kann, dass die Bauarbeiten bis zur endgültigen Klärung über die Zulässigkeit der Entfernung des Kunstwerkes eingestellt werden müssen, wodurch erhebliche Kosten anfallen können. Zwar besteht eine Schadensersatzpflicht des Urhebers, wenn er eine einstweilige Verfügung zu Unrecht erwirkt hat, jedoch wird der eingetretene Schaden häufig so groß sein, dass dieser durch den Urheber nicht gedeckt werden kann und der eingetretene Zeitverlust ohnehin nicht restlos kompensierbar sein wird.

 

Häufig geht mit den Baumaßnahmen eine komplette Zerstörung entweder des urheberrechtlich geschützten Bauwerkes oder der mit dem Bauwerk verbundenen Kunstwerke einher.

 

Die lange umstrittene Rechtsfrage, ob eine komplette Zerstörung des urheberrechtlich geschützten Werkes eine Beeinträchtigung i.S.d. § 14 UrhG darstellt, wurde durch den BGH (Urteil vom 21.02.2019, Az.: I ZR 98/17) nunmehr entschieden.

 

Der BGH schließt sich in dieser Entscheidung der Auffassung an, dass die Vernichtung eines Werkoriginals als schärfste Form der Beeinträchtigung i.S.d. § 14 UrhG anzusehen ist, da sie das Interesse des Urhebers, durch sein Werk auf den kulturellen oder gesellschaftlichen Kommunikationsprozess einzuwirken und im Werk fortzuleben, verletzt.

 

Die nunmehr vertretene Rechtsauffassung des BGH führt gleichwohl nicht dazu, dass jegliche Zerstörung eines urheberrechtlich geschützten Bauwerkes oder der mit diesem verbundenen Kunstwerke als grundsätzlich unzulässig zu bewerten ist und dem Urheber in diesem Fall stets ein Unterlassungsanspruch zusteht.

 

Ein Unterlassungsanspruch des Urhebers besteht auch bei der Zerstörung eines Werkes nur dann, wenn die Abwägung der jeweiligen grundrechtlichen Positionen zu seinen Gunsten ausfällt.

 

Während für den privaten Eigentümer eines urheberrechtlichen geschützten Werkes sein Grundrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsfreiheit) für ihn spricht, da er mit seinem Eigentum grundsätzlich nach Belieben verfahren darf, spricht für die öffentliche Hand, sofern es sich um eine Gemeinde handelt, der verfassungsrechtliche Schutz der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG.

 

Für den Urheber streitet stets die in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verbürgte Kunstfreiheit, die nicht nur den Schaffensprozess, sondern auch die für die Begegnung mit der Kunst erforderliche Darbietung und Verbreitung des Kunstwerkes schützt.

 

 

Bei der im Rahmen des § 14 UrhG vorzunehmende Interessenabwägung sind deshalb insbesondere folgende Aspekte zu beachten:

 

-   Für den Urheber ist insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werkes handelt, oder ob von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke existieren. Weiter ist zugunsten des Urhebers zu beachten, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.

 

-   Auf Seiten des Eigentümers können, etwa wenn ein Bauwerk oder Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein. Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt.

 

-   Im Rahmen der Interessenabwägung kann sich weiter auswirken, ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen oder – wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Werks nicht möglich ist – Vervielfältigungsstücke hierfür anzufertigen oder den Zustand jedenfalls zu dokumentieren.

 

Fazit:

 

Vor dem Beginn einer Baumaßnahme sollte bereits noch im Rahmen der Grundlagenermittlung geprüft werden, ob entweder das Bauwerk selbst aufgrund seiner Gestaltungshöhe urheberrechtlich geschützt sein könnte oder ob das Bauwerk Kunstgegenstände beinhaltet, welche von diesem nicht ohne weiteres zu trennen sind, die ihrerseits urheberrechtlich geschützt sind.

 

Bei Kunstwerken, die von dem jeweiligen Gebäude zwar rein faktisch trennbar sind, wird zu beachten sein, ob diese mit dem Gebäude in einem Bezug stehen und ihre Bedeutung durch diese Wechselwirkung erhalten.

 

Gerade bei Architektenverträgen sollte bereits bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet werden, dass der Architekt, also Urheber sich mit einer späteren Veränderung oder Zerstörung für Einverstanden erklärt.

Bau- & Architektenrecht

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